Ausschlaggebend für diesen Beitrag waren zwei Artikel – und leider wird das Thema nicht alt. Beitrag aus 2017, 2018 und auch 2019 noch aktuell.
Einmal geht es darum, wie Feminismus auch Männern hilfreich sein kann (editionf.com) – den ich allen ans Herz lege. Ein anderer Artikel kritisiert (pinkstinks.de) einen Artikel im Magazins „Inside“ der VisionMedia GmbH Gruppe. Auch diesen empfehle ich hiermit weiter. Beide Artikel wurden übrigens von Männern verfasst.
Worum geht es?
Wir alle wissen, dass viele dieser „Frauenzeitschriften“ oft Frauen- und Menschenverachtend sind. Das Magazin „Inside“, und wer auch immer für den Inhalt verantwortlich ist, liebäugelt gar sehr mit der Misogynie, wenn natürliche Orangenhaut und Falten als „Schwabbelschenkel“ und „Wabbelfalte“ oder ähnlich abwertend bezeichnet und damit quasi geworben wird.
Ja, ich verstehe den Sachverhalt: Es ist ein schlechtes Boulevard-Blatt, dass im Glaube handelt, lustige und „freche und frische“ Artikel an die Menschen zu befördern. Und trotzdem fasziniert mich die Tatsache, wie Frauen so über Frauen schreiben können. Und ja, ich verstehe, dass das Leben am Markt hart ist, die Konkurrenz böse und das Magazin nichts dafür kann, es möchte ja nur Kapital schlagen und im Rennen bleiben, und wofür werden die Stars denn so gut bezahlt, als dass man sich nicht über sie lustig machen kann? Natürlich, das Magazin „Inside“ kann per se sicherlich nichts dafür, dass es derartig Frauenverachtendende Themen publiziert.
Jetzt mag manch einer sagen: „Übertreib‘ doch mal nich“ oder „Ja nee, is ja Boulevard, was erwartest?“ Und „Wissen wir ja eh alle, is halt so. Nimmt ja eh keiner ernst.“
Lieber Leser und liebe Leserin, lasst mich eines sagen:
Das Problem, dass dadurch mitgetragen wird, wirkt viel weiter: Die Respektlosigkeit, die unter Frauen herrscht und (auch) durch solche Magazine forciert wird (Stichworte: Neid und Hohn), webt sich in den allgemeinen Kanon beziehungsweise in kollektives Bewusstsein ein, wie eine Frau zu sein hat und nährt Stereotype. Zu guter Letzt profitiert das patriarchale System davon, folgend der Kapitalismus, die Wirtschaft und sowieso wir alle (Achtung Ironie!). Eh klar, ein alter Hut. Aber das liegt am Magazin? Nein, aber es (stellvertretend für all die anderen Magazine) trägt dazu bei.
Diese Magazine vermitteln: „Du bist nicht gut genug“ weil: „Schau mal, Tyra Banks hat das auch und boah, ist die ein hässlicher Wabbel! Wie du!“
Ergo wird eine natürliche Veranlagung, die man hat oder auch nicht, beziehungsweise eine Entwicklung, die früher oder später ausnahmslos jeden treffen wird, der ein entsprechendes Alter erreicht, schlecht geredet – was dazu führt, dass entsprechende Personen sich 1) so oder so schlecht fühlen und sich 2) via Amüsement über andere Frauen in ein „besseres“ Licht zu rücken versuchen, um die männliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und weg, von der anderen.
Und dieser ganze Blödsinn mündet schlussendlich einem hoffnungslosen Neid und Konkurrenz-Gezeter, dass sich von angelerntem Verhalten und kapitalistischer Verkaufsstrategie speist. Es gilt nach wie vor: „Sei hübscher als die andere, angle dir den Mann, der dich dann umsorgt, weil dir ist es verboten Geld zu verdienen/weil ohne Mann bist du nichts Wert und eine Schande/Bürde für deine Familie, Frauen sind Feinde.“
Wo kämen wir hin, wenn keine Frau mehr Make-up und „verschönernde“ Maßnahmen verwenden wollen würde? Wo kämen wir hin, wenn alle nur mehr friedlich und freundlich miteinander umgingen und der Mann nicht mehr im Zentrum aller Überlegungen stünde? Das müsste doch seine Macht schmälern, nicht? Schon bei den minimalsten Veränderungen protestieren Männerrechtler, dass es keine „Gleichberechtigung“ sei, sondern das „Stück vom Kuchen“ einem Verlust von Privilegien nahe kommt, die bislang nur für sie gültig waren.
Das Argument, sich im eigenen Körper wohler zu fühlen, wenn man sich ungeschönte und authentische Bilder von sonst perfekt inszenierten Celebrities ansieht, lasse ich nur insofern gelten, sodass einem bewusst wird, dass diese Leute ebenfalls nur normale Menschen sind – und im Gegensatz zu Hochglanz-Photoshop Cover etwas Realismus in die ganze Sache einfließen lassen. Aber hier beißt das „Wie“ wild um sich und giert nach Aufmerksamkeit und Verkaufszahlen. Sinnvoller wäre es, weniger Photoshop und Damen aller Körpergrößen zu zeigen, ohne Kommentar. Ohne extra darauf hin zuweisen. Ohne es auf einer Meta-Ebene noch einmal zu diskutieren.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, spitzfindig gesagt: Dem jeweiligen Schönheitsideal, am Winkel, der jeweiligen Bildauflösung und Inszenierung, am Licht und der Position selbst. Also ja, man vergleicht seine wabbligen Schenkel mit denen von Schauspielerinnen oder der Frau vom Nachbarn, kaschiert jede Falte und leugnet das Alter.
Fazit
Das „Ungenügen der eigenen Person“ und die Jagd nach dem „Mann“ stützt die patriarchale Idee und wird durch Kauf diverser Produkte gestärkt. Über Photoshop Cover und explizites Casting schöner Frauen in Film und Fernsehen bis hin zum Hashtag #nomakeup, aber mit zig Filter, schmeichelnder Position und entsprechendem Lichteinfall ist alles mit dabei.
Es gilt daher, den ersten Gedanken zu akzeptieren, wenn wir neidisch sind auf die tolleren Brüste oder den hübscheren Hintern und den zweiten zu lenken, zu hinterfragen – und sich bewusst zu werden, woher dieser kommt und vielleicht sogar, wenn möglich, sich mit der eigenen Imperfektion anzufreunden.