Ich bin jetzt offizielles Mitglied im AuDHS-Club

Kurz vorweg:

NT = Neurotypische Menschen
ND = Neurodiverse Menschen -> ADHS, Autismus, usw.
AuDHS = eine inoffizielle, noch neue Bezeichnung für Leute, die beides haben.

Eine gewisse Vermutung ADHS zu haben stand ja schon immer im Raum, da einfach vieles darauf hin deutete, wie: leicht ablenkbar, ständig verwirrt, zig Gedanken auf einmal, nichts zu Ende bringen können, Zeug verlegen und suchen, zu schnell gehen/reden und ständig gegen Türrahmen oder Tischkanten laufen („Blaue Flecken aber keine Ahnung woher“), keine Ortsorientierung („Es wundert mich, wie es du von all deinen Reisen wieder unversehrt heim geschafft hast.“ – jap, mich auch), Links/Rechts Schwäche, Dyskalkulie (Rechenschwäche), Misofonie (Abneigung gegen Geräusche – vermutlich weil alle Geräusche ungefiltert bei mir ankommen), spontane Themenwechsel, viele und vor allem häufig wechselnde Interessen, die dann ein paar Tage 24/7 verfolgt und dann wieder vergessen werden, seltsame Sitzpositionen, Impulsiv und ungeduldig, Spontaneinkäufe, immer auf der Suche nach Dopamin Kicks und so weiter und so fort. Und wenn dir das jetzt alles bekannt vor kommt, dann rate ich zur Abklärung.

Diese Diagnose gabs am 6. September.

Aber wie es so ist, gibt es auch große Anteile von Asperger-Autismus, jedoch war sich die Ärztin zuerst nicht zu 100% sicher, da ich doch sehr „angepasst“ wirke und mein „maskieren“ einfach zu gut sei. Was leicht ersichtlich war und sehr deutlich ausgeprägt ist, sind Probleme und häufige Missverständnisse in der Kommunikation: das oft nicht verstehen warum Leute jetzt sauer sind („Denk halt selbst nach, was du gemacht hast“) oder eben auch mangelndes Einfühlungsvermögen („Du verstehst mich nicht!“ – das ist richtig. „Du bist so kalt/nicht empathisch/dich interessiert es nicht!“ – ich verstehe es nicht, ich kann es nicht zuordnen, ich habe keine Idee dazu), häufig auch Probleme, den eigenen Blickwinkel zu verlassen. Oder auch das Festhalten an Routinen wie immer am gleichen Tisch/Busplatz sitzen wollen/müssend; oder wenn sich was im Tagesablauf ändert schwerer damit klar kommen weil man sich wieder alles neu zusammen denken muss, auswärts immer das gleiche essen, oder eben auch die Empfindlichkeit auf Geräusche, Gerüche, Berührungen (Etiketten müssen immer raus geschnitten werden, Nähte in Socken und Strumpfhosen dürfen nicht spürbar sein), Lichtempfindlich, ständig mit was rumspielen müssen, kritzeln um nicht abzuschweifen, und so weiter.

„Sag mir bitte direkt was du von mir willst, ich verstehe indirekte Anweisungen nicht.“ – war ein Satz, den ich glaube ich bereits mit 14 schon gesagt habe.

Schlussendlich und nach einigen Tests die solide im durchschnittlichen Autismusbereich liegen (AQ 36, RAADS-R 168, CAT-Q 133, EQ 14, ASPI 149 von 200), gabs am 15. September auch diese Diagnose.

Wie geht es mir jetzt dabei?

Das ist eine ausgezeichnete Frage: ich habe keine Ahnung.

Es ist weird von offizieller Seite bestätigt zu bekommen, dass mein Gehirn einfach anders tickt – und das bereits seit Kindheit. Und dann fügt sich ein Teil dem anderen und alles ergibt natürlich Sinn: Mobbing, weil man anders ist. Ausgeschlossen werden, weil man anders ist. Weil die einfach nichts mit einem anfangen konnten, weil man vielleicht anders redet (was einem selbst, und besonders als Kind, natürlich nicht auffällt) oder sich anders verhält. Da kann man den Kindern gar keinen Vorwurf machen, die verstehen das ja dann auch nicht und können oft nicht damit umgehen und dann sind da noch die Eltern die sagen „Na, mit der spielst nicht, die ist komisch“; davon abgesehen: Kinder sind evil. So hab ich zum Beispiel als Kind schon immer viel mehr Bezug zu Tieren und meinem Spielzeug gehabt, als zu anderen Kindern und hab nicht verstanden warum ich im Kindergarten nicht mit meinem Spielzeug spielen durfte.

„Du darfst mitspielen, wenn du das Hinterteil vom Haustier bist.“ – Ok, ich wusste, dass ich seltsam bin, aber so seltsam?

Dann entwickeln sich andere Interessen heraus (bspw. Horrorfilme in frühen Jahren, Science Fiction/Fantasy/Animes/IRC) und man konzentriert sich vollends darauf; dann versucht man via Imitation anderer sich anzupassen („du machst alles der X nach“, „jetzt redest du wie Y“), weil man halt doch manchmal drunter leidet, anders zu sein – und natürlich auch sozialer Rückzug (danke Internet, mein Retter in schlechten Zeiten).

Dazu kommend: Abneigung gegen Gruppen und nie Teil von großen Gruppen sein wollend, weil dieses ständige sich verstellen müssen, einfach zu anstrengend war – und dann noch die Nachrede erleiden müssen: „Die Z ist aber schon sehr komisch…“ und die Person die mich kannte und mochte, musste sich dann auch noch rechtfertigen („Warum hast du Kontakt mit der?“) und nein… nope nope nope, einfach nein. Der worst case war glaube ich die Cliquendynamik eines Exfreundes, wo ich mich immer wieder erklären und entschuldigen musste, weil mein Verhalten denen so gänzlich nicht gepasst hat, und ich dachte damals tatsächlich, dass mit mir ernsthaft was nicht stimmt und ich schlecht oder „krank“ sei. Heute wissen wir: Das waren halt einfach alles nur A*löcher.

Ja eh, verstellt man sich bei Einzelpersonen genau so und ist hier anders als dort, was aber weniger anstrengend ist, als wenn man vor einer Gruppe sich zusammen reißen muss. Bei Einzelpersonen kann man zumindest noch Teile des tatsächlichen Selbst zeigen.

„Wieso kannst du nicht mehr wie andere sein?“

Und es ist wirklich kein Zufall, dass die zwei Freundinnen, mit denen ich am meisten und intensivsten und fast durchgehend seit 2007 zu tun habe, gleich diagnostiziert wurden (sowie eine dritte, mit der ich während Studienzeiten viel zu tun hatte und jetzt wieder) und Freundschaften zu NTs nie sonderlich lange hielten, Zitat: „Du wirst immer seltsamer…“ – vermutlich hab ich einfach aufgrund Vertrauen weniger maskiert. Also nein, es ist kein Zufall, dass sich gerade solche Leute finden – und die Freundschaft überdauert.

Und noch ganz viele andere Dinge. Er ergibt nach und nach Sinn. Selbst jetzt beim zusammen schreiben merk ichs wieder ganz deutlich und so viele weitere Dinge fallen mir ein!

„Magst du etwas trinken?“ – „Nein danke, ich bin gerade nicht durstig.“ – Spoiler: Mit dieser Frage war nicht gemeint, ob ich gerade durstig bin..

Beispielsweise auch die Disco-Zeiten (ca. zwischen 15 bis 22), wo Donnerstags und Freitags (Samstag war zuviel los) hingefahren – abgesondert, nüchtern getanzt – und nach Stunden wieder heimgefahren wurde. Da gab es nicht viel Konversation oder gesellschaftlichen Austausch. Klar, es war laut, und da waren viele Menschen, aber es gab da diese Podeste, da hatte man seinen Frieden und konnte sich einfach quasi in „trance“ tanzen. Aber Autisten mögen es doch eher ruhig? Und ADHSler brauchen den Dopamin-Kick.

Oder auch dieses „Kaffee trinken“ oder in eine Bar sitzen und Konversation zu betreiben, war und ist auch etwas was ich bis heute nicht verstehe/nachvollziehen kann. Außer mit Madame X im „Biedermeierzimmer“ während der Uni, aber das hatte Flair, die Musik war leise, und die Themen haben Anwesende oft sehr verstört – aber wir bevorzugten dennoch den Spaziergang am Inn, oder die Trauerweide. Und ich war auch bei meinem ersten Freund mit 16 durchaus verwirrt, als man sich in einer Bar (Teufelskralle? Teufel?) mit seinen Freunden traf um etwas zu trinken. Ich hab das einfach nicht verstanden, warum man das macht und es war mir wirklich unangenehm und ich fühlte mich fehl am Platz.

Lustig was einem plötzlich wieder alles einfällt. Was mich auch weiter erinnert, dass ich bei Dates immer sagte: „Wir gehen spazieren und setzen uns nicht in eine Bar, weil mir das unangenehm ist.“ Weil man sitzt da, hört schlechte und/oder zu laute Musik, versteht den anderen nicht, und sitzt da fest und weiß nicht, ob man nochmal bestellt oder nicht und muss sich ständig anschauen und bitte wer kann in so einer Umgebung frei reden?

Blickkontakt! Jeder sagt dir, dass das höflich ist und dass du Blickkontakt im Gespräch halten sollst – was ich natürlich auch gelernt hab und beherrsche, und ich kann dir in die Augen starren bis es dir unangenehm wird und du weg schauen musst – aber ich mag es nicht. Ich fühle mich unwohl dabei.

Ist eine Spät-Diagnose noch sinnvoll?

Ja!

Weil ich so den Leuten erklären kann, wo ich anders ticke als sie. Wie dieser Beitrag hier. Der erklärt einfach schon mal sehr, sehr viel und lässt den einen oder anderen vielleicht mit einem „Aha! Es ergibt schon Sinn“ zurück.

Und ich vermeide bewusst die Worte „falsch“ oder „was nicht mit mir stimmt“, weil mit mir ist alles in Ordnung, mein Gehirn funktioniert nur anders und NTs tun sich oftmals mit NDs schwer, weil eben alles komplett umgekrempelt ist, sowie sich NDs schwer mit NTs tun und manchmal an denen verzweifeln.

Und ja, wir (nicht alle, aber viele) haben massive Schwierigkeiten den Wirrwarr an Umwegen zu entziffern, was die uns jetzt eigentlich mitteilen wollen. Denn viele NTs sagen A wenn sie B meinen, weil, idk, das eben „höflich“ ist, nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, und in deren Welt ergibt das Sinn. Die verstehen das untereinander. Ich bin damit heillos überfordert.

„Du kannst das doch nicht so direkt sagen, du musst da strategisch vorgehen!“

NTs hingegen haben wieder das Problem, dass sie mit den häufigen Themenwechsel nichts anfangen können („Aber das hat jetzt nichts mit der Sache zu tun?“ – nein, mein Gehirn hat nur irgendwo grad eine Information aufgeschnappt und die weiter gesponnen) – weswegen NDs häufig recht kreativ sind; oder auch als „unhöflich“ empfunden werden, weil die direkter kommunizieren was sie möchten oder nicht mögen (direkter, ehrlicher, unverblümter, schroffer, und so weiter sind), und so die eine oder andere Höflichkeits-Regel immer wieder (unabsichtlich) verletzen.

Auch ist es interessant und wichtig und hilfreich, einfach genauer zu erforschen, was ist jetzt und wie andere damit umgehen, und besonders Autismus kann sich auf wirklich sehr unterschiedlichste Arten zeigen. Beispielsweise ist bei mir überhaupt nicht stimmig dazu, dass ich ein gutes Körpergefühl habe, oder auch das Gleichgewicht leicht halten kann (tanzen, reiten, usw.). Oder manche mögen es einfach im Wohnzimmer am Boden zu liegen.

Aber man kann das ja lernen?

Natürlich!

Und Frauen entwickeln intensivere „survival“-Strategien als Männer, und somit werden diese auch häufig falsch diagnostiziert (bi-polar, narzisstisch, diverse Traumata, usw.) eben weil wir uns besser anpassen mussten als Männer; weil man denen einfach viel durchgehen lässt und weil Frauen immer noch diverse Rollen zu spielen haben, um nicht komplett anzuecken. Nein, ich rede hier nicht von Heilige, Hure, Ehefrau – aber eben gewisse Verhaltensweisen, sei das, mach x, tu y nicht und pass auf, dass du nicht so aber dennoch so bist. Und das brennt sich irgendwann ein, ob du willst oder nicht.

Deswegen glaubt man ja auch oft, man sei halt anders, aber nicht sonderlich anders, weil man ja angepasst ist und bemerkt das „maskieren“ erst gar nicht, nimmt es nicht als maskieren wahr und erst dann, wenn man es eine Zeitlang (Lockdown, Urlaub, Krankheit, Homeoffice, usw.) nicht mehr gemacht hat und so ist, wie man eigentlich ist und dann drauf kommt: Shice.. ist das anstrengend – bemerkt man, dass da irgendwas nicht ganz so stimmig ist. Weil oft ist ja wirklich nicht mal die Gelegenheit da, dass man sich selbst wirklich kennen lernt (allein ist, Zeit für sich hat, usw.).

Und ja, ich weiß, was ich tun muss um als „flirty“ wahrgenommen zu werden (mit den Haaren spielen, aufschauen, weg schauen, süß lächeln, kleine insults, „unabsichtliche“ Berührungen – das ist alles lernbar, danke Film, TV und Buch); und kann in etwa sagen, wann jemand Interesse an mir hat, sofern es durch Film/TV-Klischees passiert; und ich weiß natürlich, dass es als unhöflich gilt, wenn mir wer das letzte Stück Kuchen anbietet und ich es gleich nehme, anstatt es vier mal davor abzulehnen. Auch etwas was ich einfach nicht verstehe: Dann biete es mir nicht an, wenn ich es nicht haben darf/soll.

Genau so wie man lernt, gewisse Sätze zu entziffern: „Mir ist kalt“ – also schaue ich nach, ob das Fenster offen ist und schließe es. Im Affekt verstehe ich die Sätze dann doch nicht, weil ich „wörtlich“ denke.

Eine direkte Aufforderung auszusprechen aber wirkt als „Befehl“ (in der Kindheit: „Du kommandierst immer alle rum“) und wird als höchst unfreundlich gewertet. Dabei ist das weder als Befehl noch sonst wie gemeint, sondern einfach… wie es ist. Und Tiroler sind da besonders eigen, sie fragen dich „Magst du mir das rüber geben“ und du sagst: „Nein, ich mag nicht“ – das war keine Frage, ob du das jetzt tun möchtest, das ist eine Aufforderung, derer unverzüglich nachzukommen ist.

Und wenn man etwas möchte, dann muss man sehr dezent fragen: „Ist es in Ordnung, wenn wir dieses Wochenende, aber nur wenn du Zeit hast, dass wir dann, aber nur wenn es dir wirklich passt, in den Park gehen, aber wir müssen nicht, aber wir können“ anstatt „Wochenende Park?“ Ich sags ja, das sind Dinge die man lernen kann. Auch wenns anstrengend ist.

Und ganz, ganz wichtig: wenn wir (nicht alle, aber viele) sagen „Es ist kalt“, dann bedeutet es „Es ist kalt“. Wir meinen damit nicht: „Mach das Fenster zu, dreh die Heizung an, bring mir Tee, bring mir eine Decke, usw.“ sondern.. „Es ist kalt.“ Und wenn wir möchten, dass du das Fenster zu machst, sagen wir „Mach bitte das Fenster zu“ und wenn wir uns darauf besinnen, könnte es lauten: „Könntest du bitte das Fenster zu machen, mir ist kalt.“

Oder: „Oh, da ist ein Fleck“ – wir sehen diesen Fleck und denken uns: Spannend, wo kam der her, welches Dingens hat ihn verursacht, wie riecht er, was für eine Konsistenz hat er? Wie schmeckt er, was ist es und wann kam der daher? NTs verstehen „Mach den sofort weg, du grindige Sau!“

Jap, es ist schwierig. Und ich werde noch a bissl dazu bloggen.

Back to topic.

Wie sieht es mit Selbstdiagnosen aus?

Prinzipiell ist es immer gut, wenn man sich Dinge notiert, eine Art „Tagebuch“ führt und anfängt, genauer darüber nachzudenken, wann X oder Y vorgekommen ist, wie intensiv, was einem dazu einfällt und wo man aneckt, womit man Probleme hat, und sich einfach informiert. Wichtig auch: Gabs das schon in der Kindheit, Eltern und Freunde fragen, an was sie sich erinnern.

Sicher, all die zig hundert TikToks, durch die sich die Menschen selbst diagnostizieren tragen dazu bei, dass fast jeder glaubt ADHS und/oder Autismus zu haben, aber im Endeffekt werden auch mehr und mehr Menschen diagnostiziert – und ich glaube tatsächlich, dass beides viel mehr verbreitet ist, aber die Sichtbarkeit und Akzeptanz fehlt.

Weil: Der grimmige und raue Großvater, der jeden Tag um Punkt 7 die Zeitung gelesen und immer das gleiche gefrühstückt hat, seit über 60 Jahren das gleiche Hemd trägt und nicht damit umgehen kann, wenn die Oma jetzt ein anderes eingekauft hat, und dir über diese eine spezielle Briefmarke aus 1963 drei Tage lang alles dazu erzählen konnte und nicht mehr aufhört, war bestimmt nicht NT, sondern die Möglichkeit, dass auch dieser bereits autistisch war, ist leicht gegeben.

Achtet mal darauf.

Genau so wie ich glaube, dass eine überwiegende Anzahl der Menschheit bi- bzw. pansexuell wäre wenn es gesellschaftlich akzeptiert und als Norm betrachtet werden würde – da aber immer nur das Hetero-Liebes-Familien-Ideal-Narrativ beworben wird, experimentieren die Leute erst gar nicht rum und nehmen an, sie wären eh Hetero, weil das auch „normal“ ist, und da Homosexualität immer noch massive Stigmatisierung erfährt: „Ich hab nichts gegen Schwule aber mein Kind wird kein A*schficker“, u sure about that dude?

Also ja, ich finde woke-flix in diesem Fall gut (Vorwurf: „Müssen überall Schwule sein?“ Ja!), weil es Sichtbarkeit fördert und Homosexualität „gewöhnlich“ macht. Was es ja auch ist.

Back to topic.

Auch könnte der Algorithmus hinter TikTok eine gewisse Rollen spielen: weil wenn TikTok nicht ein gewisses Potential oder Interesse erkennen würde (man schaut sich das Video länger als ein paar Sekunden an, eventuell sogar nochmal, liest die Kommentare), wären nicht plötzlich mehr dieser Videos auf der for you page, und dann ertappen sich die Leute dabei wie sie merken: Hey! Mir geht es auch so. And here we are.

Mein Tipp:

Schreibt euch alles auf, beobachtet euch, speichert euch Videos ab, und macht euch einen Termin aus. Es kann dann natürlich sein, dass gewisse Verhaltensweisen stärker auftreten/wirken, entweder, weil man sich beobachtet oder sich selbst unterbewusst beeinflusst. Aber als diagnostizierter Laie behaupte ich: wenn nichts da ist, dann lässt sich das auch nicht herbei phantasieren. Und wenn etwas da ist, lässt sich das nicht verleugnen.

Schlussendlich ist nichts „gut“ oder „schlecht“ daran NT oder ND zu sein – aber es hilft darüber Bescheid zu wissen. Und klar, wenn man mit ADHS dann Meds möchte, können die durchaus den Alltag leichter gestalten.

Aber welche Ärzte? Und wie war dein Weg bis zur Diagnose?

Hier wirds kompliziert:

Zuerst versuchte ich einen Termin bei einem Kassenarzt zu bekommen: Dieser wollte zuerst einen großen IQ-Test und dann ein 15 minütiges Gespräch. Was mir etwas seltsam erschien, es hätte dann noch Zusatzangebote gegeben, aber die hätten gekostet, und da ich wirklich massive Angst vor IQ-Tests habe, schon alleine weil ich sämtliche mathematische und logische Fragen nicht bestehen würde und dann offiziell einen IQ von idk, 44 habe… nein, danke. Davon abgesehen, könnte man die Formen-Dinger-erkennen Dingens auch so lernen… also, ich weiß nicht warum ein IQ-Test so aussagekräftig sein soll.

Ein befreundeter Arzt erklärte mir dann, dass man ADHS erst ab einem gewissen Wert nachweisen kann, gut, aber schon alleine dass ich fähig bin zusammenhängende Sätze zu schreiben, sollte zeigen, dass der Wert ausreichend ist. Auch die Ärztin, die mich dann diagnostizierte, meinte, dass das eher ein ungewöhnliches Vorgehen ist.

Ich besuchte dann eben jene private Ärztin, die auch schon zwei meiner Freundinnen diagnostiziert hat. Geplant wären 60-90 Minuten gewesen, ca. 2 Stunden wurden es dann. Da ich nicht aufhören kann zu reden, und viele Themen angeschnitten wurden, vor allem auch wie es in der Kindheit war, hat es dann eben gedauert. Ich hatte mich vorbereitet mit Büchlein und Zettelwerk und hier meinte sie: ADHS ist ziemlich offensichtlich, Autismus wäre noch genauer abzuklären. Sie hat dann alles auch fotografiert und mir Meds (Medikinet, 5mg für den Anfang) verschrieben.

Und das war es dann auch schon.

Der Termin kostete mich natürlich etwas – ich sollte allerdings von der Krankenkasse etwas zurück bekommen; ich berichte – wenn ichs nicht vergesse, ob ich etwas zurück bekommen habe.

Wie geht es mir jetzt damit?

Ich bin durchaus erleichtert.

Erleichtert, weil ichs schon lange vermutet habe;

erleichtert, weil ich jetzt etwas in der Hand habe, wenn Menschen sich wundern, warum ich so oder so reagiere oder agiere;

und erleichtert, weil ich viel, viel mehr nachlesen kann, wie es anderen damit geht, welche Erfahrungen andere gemacht haben, und nach und nach kommen auch Erinnerungen hoch, „Schlüsselelemente“ wie ichs nenne, wo es einfach nochmal deutlicher wird.

Auch wenn es nach wie vor seltsam ist, in weitere Kategorien zu fallen.

3 Kommentare

Eingeordnet unter So sei es, Just about Life, AuDHD

3 Antworten zu “Ich bin jetzt offizielles Mitglied im AuDHS-Club

  1. Vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht!

    Ich habe mich in vielem wiedererkannt und bin gerade ziemlich erschüttert.
    Als meine kleine Schwester vor 10 Jahren oder so herausfand, dass wir beide hochsensibel sind, war das eine bahnbrechende Erkenntnis für uns und wir wussten, dass wir nicht einfach nur „doof und merkwürdig“ sind, sondern viele – alltägliche – Dinge nicht handeln können.

    ZB Reizüberflutung (Licht, Geräusche, zu viele Menschen).
    Oder feste Rituale/Abläufe, die uns erstarren lassen, wenn etwas plötzlich anders ist.
    Wir hören immer: blende das doch einfach aus, höre einfach nicht hin etc blafasel, aber wir KÖNNEN es nicht, alles kommt ungefiltert an und prasselt auf uns ein.

    Jetzt glaube ich, dass auch wir autistische Züge haben, anders ist es nicht erklärbar. Über ND und NT muss ich noch mehr lesen, da habe ich bisher keine Ahnung.

    Ich bin seit 2 Jahren Rentnerin (GsD), war zuvor lange krankgeschrieben (Krebs, dann Burn-out, Depressionen, wieder Nervenzusammenbruch im Homeoffice, es ging NICHTS mehr.
    Und die Kleine steuert genau darauf zu, es ist furchtbar.

    Nochmals DANKE für Deine Offenheit und die detaillierte Schilderung dessen, was Du alles erlebt hast. >3

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..